Das Amtsgericht Hannover hat mit Urteil vom 11. April 2011 zu Aktenzeichen 512 C 15244/10 entschieden, dass die Vorverlegung eines Fluges um mehr als 10 Stunden einer Flugannullierung gleichzusetzen sei und ein Ausgleichsleistungsanspruch des Fluggastes gegenüber dem Luftverkehrsunternehmen gemäß Art. 5 und 7 der Verordnung (EG) 261/2004 bestünde.

 

Eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hannover hat in einem ähnlich gelagerten Fall die Klage abgelehnt; ebenso das Landgericht Hannover als Berufungsinstanz. Der Bundesgerichtshof hatte sich sodann mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Luftverkehrsunternehmen eine Ausgleichszahlung auch dann zu zahlen hat, wenn der Flug nicht nur geringfügig vorverlegt wird. In dem zugrunde liegenden Fall buchten die Kläger bei dem beklagten Luftverkehrsunternehmen u.a. einen Flug von Fuerteventura nach Düsseldorf. Planmäßig sollte dieser Flug am 5. November 2012 um 17:25 Uhr durchgeführt werden. Am 2. November 2012 informierte die Beklagte die Kläger, dass der Flug auf 8:30 Uhr vorverlegt worden sei. Die Kläger sind der Auffassung, die Vorverlegung des Fluges um etwa 9 Stunden begründe eine Verpflichtung der Beklagten zur Ausgleichzahlung, weil die Flugzeitänderung eine Annullierung gewesen sei, zumindest aber einer deutlichen Verspätung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gleichgestellt werden müsse. In der Revisionsverhandlung hat der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat den Sachverhalt vorläufig wie folgt bewertet: Jedenfalls in einer mehr als geringfügigen Vorverlegung eines geplanten Fluges durch das Luftverkehrsunternehmen liegt eine – mit dem Angebot einer anderweitigen Beförderung verbundene – Annullierung des Fluges, die einen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung begründen kann. Für eine Annullierung ist kennzeichnend, dass das Luftverkehrsunternehmen seine ursprüngliche Flugplanung endgültig aufgibt, auch wenn die Passagiere auf einen anderen Flug verlegt werden. Die ursprüngliche Flugplanung wird auch dann aufgegeben, wenn ein Flug um mehrere Stunden „vorverlegt“ wird. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den geltend gemachten Anspruch anerkannt. Die beklagte Fluggesellschaft wurde im Wege des Anerkenntnisurteils zur Zahlung verurteilt.

 

Bundesgerichtshof - Pressemittelung des BGH Nr. 89/15

Anerkenntnisurteil vom 9. Juni 2015 zu Aktenzeichen X ZR 59/14